Buch

Basler Jahrbuch für historische Musikpraxis 18 (1994)

"Was der General–Bass sey?" Beiträge zur Theorie und Praxis I

Peter Reidemeister (Hg.)

  • Reihe/Serie
    Basler Jahrbuch für Historische Musikpraxis
  • Band
    18
  • Ort
    Winterthur
  • Verlag
    Amadeus
  • Jahr
    1995
  • ISBN
    978-3-905049-65-7
  • Typ
    Buch
Schlagwörter

Generalbass; Basso continuo; 18. Jahrhundert; Orgel;

I. "WAS DER GENERAL-BASS SEY?". BEITRÄGE ZU THEORIE UND PRAXIS 

Graham Sadler / Shirley Thompson: Marc-Antoine Charpentier und der Basso continuo
Die 28 im Autograph erhaltenen Manuskript-Bände mit Werken von Marc-Antoine Charpentier enthalten zahlreiche Hinweise zur Aufführungspraxis. Der Artikel befasst sich mit solchen Hinweisen, die sich auf die Generalbass-Praxis beziehen. Er untersucht die unterschiedlichen Generalbass-Instrumente und deren Kombinationen, die von Charpentier spezifiziert werden sowie Aspekte der Notierung, die Aufschluss geben über die Ausführung des Continuo. Ausserdem wird die These unterstützt, dass an einer beträchtlichen Anzahl von Orten - vor allem im Theater - das Continuo schwieg. 

Arnaldo Morelli: Basso continuo auf der Orgel im Italien des 17. Jahrhunderts
Obgleich die Orgel als Genberalbass-Instrument weit umfänglicher als das Cembalo oder andere Instrumente benutzt wurde, ist bislang bemerkenswert wenig darüber geschrieben worden. Mit diesem Artikel wird beabsichtigt, eine Reihe von Dokumenten zu präsentieren, die die Continuo-Praxis auf der Orgel in Italien hauptsächlich 17. Jahrhunderts betreffen. Diese Quellen bestehen hauptsächlich aus an den Leser gerichteten avvertimenti, die in Orgel-Stimmbüchern von konzertierender geistlicher Musik des frühen 17. Jahrhunderts enthalten und bislang mehrheitlich unbekannt sind. Nach einem kursorischen Überblick über die Orgeltypen, die zu dieser Zeit in Italien üblich waren, befasst sich der Artikel mit drei Hauptaspekten: 1. die Registierung des Orgel-Continuo; 2. die Zahl der Stimmen, die zur Harmonisierung des Generalbass beitragen; 3. der Raum, den die Begleitung auf der Tastatur einnimmt. 

George J. Buelow: Der italienische Einfluss in Heinichens Der Generalbass in der Composition (Dresden 1728)
Heinichens Generalbass-Schule ist sowohl die wichtigste einschlägige Quelle des Barock als auch die am meisten praxisorientierte und vollständige, wenn es darum geht, Stil und Form der Generalbass-Begleitung von Musik zu rekonstruieren, die nach 1700 im deutschen und italienischen Stilus theatralis geschrieben worden ist. Vor allem Heinichens Darstellung der italienischen Continuo-Praxis machen den General-Bass zu einem einzigartigen Dokument beim "Wieder-Erfinden" barocker Generalbass-Praxis. Durch einen Vergleich seines früheren, in Leipzig entstandenen Traktates Neu erfundene gründliche Anweisung ... zu vollkommenere Erlernung des General-Bass (1711) mit Der General-Bass, der nach seinem siebenjährigen Italienaufenthalt entstand, zeige ich an Hand der Unterschiede den intellektuellen und musikalischen Eindruck, den diese italienischen Jahre bei Heinichen hinterlassen haben und die es ihm ermöglichten, in seinem zweiten Lehrbuch die für das Spiel relevanten Generalbass-Praktiken zu dokumentieren und zu kodifizieren. 

Peter Williams: Johann Sebastian Bach und der Basso continuo
Auf einige allgemeine Bemerkungen über die Umsicht, die das Basso continuo-Spiel erfordert und einem Blick auf Bachs Terminologie befasst sich der Aufsatz mit den Äusserungen späterer Autoren über Bachs Spiel und - was noch wichtiger ist - , warum sie diese Äusserungen gemacht haben mögen, was sie damit bezweckten. Quellen wie Mitzler, C.Ph.E. Bach, Kittel, Daube, Forkel, Penzel, auch Tovey werden kritisch beleuchtet und es werden Vermutungen über einen schwierigen Punkt angestellt - über die Chronologie. Waren Bachs Postulate 1715 in Weimar dieselben wie 1745 in Leipzig? Was scheinbar die eigenen Hinweise des Komponisten sind - im Notenbuch der Anna Magdalena, in den Vorschriften von 1738, in Gerbers Albinoni-Realisierung, im Autograph der h-moll-Sonate (Largo) und in Kirnbergers extrem pedantischen Auszug aus dem Musikalischen Opfer - wird kurz im Sinne einer Empfehlung zu genauem Lesen des musikalischen Satzes kommentiert, eines Satzes, bei dem der Continuo-Spieler die Art der Musik, die Epoche und die stil-spezifischen Eigenheiten im Kopf hat. Ferner wird auf Treiber, Heinichen, Amore traditore und das 5. Brandenburgische Konzert im Hinblick auf besondere, für den Spieler relevante Fragestellungen hingewiesen.

Jörg-Andreas Bötticher: "Regeln des Generalbasses". Eine Berliner Handschrift des späten 18. Jahrhunderts
Das Manuskript Regeln des Generalbasses von dem Herrn Musico Heering" (Staatsbibl. Berlin, Mus.ms.theor.348) enthält neben Generalbass-Grundregeln auch 400 Seiten mit ausgeschriebenen Aussetzungen zu Werken von J. S. Bach, C. P. E. Bach, W. F. Bach, A. Corelli, J. G. Graun, G. F. Händel und G. B. Pergolesi. Geschrieben wurden sie vom Berliner Politiker Otto C. F. von Voß (1755-1823), teilweise auch in Zusammenarbeit mit seinem Lehrer J. F. Heering. Der Stil der Aussetzungen ist meist streng vierstimmig und beleuchtet die eher retrospektive Musizierpraxis eines Berliner Adelhauses im ausgehenden 18. Jahrhundert. 

Regula Rapp: "Was der späte Generalbaß sey." Einige Annäherungen
Im Zentrum der Erforschung des ausgehenden 18. Jahrhunderts steht bis heute die Musik der Wiener Klassik. Über die Generalbass-Praxis, die noch lange weiter wirkte, als der Generalbass satztechnisch gar nicht mehr notwendig war, liegt bisher fast keine Sekundärliteratur vor. In dem Beitrag werden anhand von Streichquartetten, die mit Generalbassziffern versehen sind, folgende Fragen diskutiert: Von wem stammen die Ziffern, von den Komponisten oder den Verlegern? Wie ist die Menge der bezifferten Instrumentalmusik dieser Zeit zu beurteilen? Wie wirkte sich die veränderte Ästhetik der zweiten Jahrhunderthälfte auf die Vorstellungen von einer geschmackvollen Generalbassausführung aus? Wie sollen bezifferte Kompositionen aus jenen Jahren und solche, in denen keine Ziffern vorhanden sind, heute musiziert werden?

II. BIBLIOGRAPHIE DER NEUERSCHEINUNGEN ZUR HISTORISCHEN MUSIKPRAXIS 1992/93, ZUSAMMENGESTELLT VON DAGMAR HOFFMANN-AXTHELM, 137-253