‘Rybeben’-Belege
Etymologisch scheint die Verbindung zum arab. ‘rabāb’ und dann ‘rebec’ klar, wobei bereits Curt Sachs feststellte, dass der Versuch, in einer ‘Rubebe’ im Gegensatz zum ‘Rebec’ ein tieferes Instrument zu identifizieren, aufgrund der Quellen unhaltbar sei [11]. Der zeitlich letzte ihm bekannte Beleg sei eben der Triumphzug und auch Herb Myers stellte fest, dass zur Zeit von Maximilian im deutschsprachigen Bereich der Terminus ‘Geige’ (oder eben ‘Groß Geigen’) üblicher gewesen wäre [12]. Ein anderes Bild aber ergibt sich in Italien, wo die Bezeichnung ‘Ribebe’ durchaus öfters zu finden ist – und hier lässt sich sogar eine Verbindung zu Maximilian herstellen. 1492 wird eine venezianische Gesandtschaft zu Maximilian geschickt, deren Reisebericht mehrfach musikalische Gegebenheiten festhalten [13]. In Strassburg trifft sie schliesslich auf Maximilian und der Bericht hält einen ehrenvollen Besuch der königlichen Musiker in ihrer Herberge fest:
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In l’hospitio venero sonatori dil Rè, primum trombetti 14 cum nachere grande, et tutti sonorono. Funo tamburini, sonadori di lauto del Rè, eccellentia flauti, bagatelle, scrimiadori et ribebe, altre sorte de flauti dignissimi.
<In die Herberge kamen die Musiker des Königs, zuerst 14 Trompeter mit grossen Pauken, und alle spielten; weiter gab es Trommler, die Lautenspieler des Königs, herausragende Flötenspieler, ‘bagatelle’ [?], Schryari [bzw. Schreyerpfeiffen] und ‘Ribebe’, andere Arten von äusserst würdigen Blasinstrumenten>
Erklärungsbedürftig ist vielleicht die merkwürdige Einreihung der ‘ribebe’ inmitten von Blasinstrumenten [14], aber gleichwohl verwenden die Venezianer hier den Namen ‘ribebe’ für die Instrumente der kaiserlichen Musiker. Bei anderer Gelegenheit wird auch einmal eine ‘violetta’, ohne das ersichtlich wäre, ob es sich dabei um ein anderes Instrument handelt [15]. Aber die ‘ribebe’ erscheint in dem Reisebericht öfters, etwa bei der Hinreise in Trient. Dort beschreiben sie den Auftritt von
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uno buffone, sonator di bizzari instrumenti, et cum lui una femina cythareda, la qual cantò molti canti Thedeschi, sonando tuttavia essa certa sua ribeba [16].
<einem Narren, Spieler der merkwürdigsten Instrumente, und mit ihm war eine Frau, die Harfe spielte und die viele deutsche Lieder sang und dabei ihre gewisse ‘ribeba’ spielte>
Es wäre sicher überinterpretiert, aus diesen Belegen eine Verbindung oder gar Herkunft des Instrumentes aus Italien zu konstruieren, auch wenn es sich beim Begriff klar um ein Lehnwort handelt. Es kann allerdings vermutet werden, dass die Venezianer hier wohl für die Benennung der Instrumente einen ihnen vertrauten Begriff verwendeten [17].
Unter den vielen Musikern, die im musikalischen Repräsentationsapparat Maximilians beschäftigt wurden, liess sich bislang noch kein ‘Rybeben’-Spieler ausfindig machen [18]. Aber auch die explizite Nennung von ‘Geigern’ ist am Hofe Maximilians sehr selten – meines Wissens erstmals 1515, als «Caspar Egkern, Gregorien vnd Georigen Porrner, kay. Mayt. Geigern» als Empfänger einer Zahlung in Augsburg genannt werden [19]. In den Folgejahren bis zur Auflösung der Hofkapelle sind es dann jeweils vier «kay. Mayt. Geiger» (zu den genannten Spielern kommt zusätzlich ein Jheronimus Hager). Aus diesen Zahlungsbelegen wurde von Keith Polk und anderen geschlossen, dass zu diesem Zeitpunkt ein neuartiges Ensembles (in vier verschiedenen Stimmlagen) von Viole da gamba existierte [20]. Das scheint ein allerdings etwas voreiliger Schluss auf einer allzu schmalen Datenbasis zu sein, die nur aus den Angaben in den städtischen Rechnungsbüchern in Augsburg und Nürnberg beruht, in denen Zahlungen an auswärtige Musiker festgehalten werden, um daraus einen Beleg für eine neuartige Aufführungspraxis zu machen.
Als Ergebnis dieser genauen Lesung der verfügbaren Quellen zur Rybebe am Hofe Maximilians lässt sich schliessen, dass der Name ‘Rybebe’ wohl italienischer Herkunft ist und am Hofe Maximilians um 1512 bekannt war, vielleicht dort sogar neu für grössere Streichinstrumente verwendet wurde. Dazu passt ein weiterer Beleg für den Namen ‘Rybebe’: 1519 wird der Musiker (bzw. ‘Pusauner’) Ulrich Schubinger am Salzburger Hof angestellt. Dort hat er die Aufgabe
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seines f[ürstlic]h[en] gnaden mit ribeben, geygen, pusawn, pfeiffen, lawtten und annders instrumentn in der musiken, darauf er etwas khann, wann und als offt Ime das von seiner f[ürstlic]h[en] gnaden wegen angesagt wirdet, inner und awsserhalb Salzburg on widerred trewlich und vleissigklich dienen [21].
Hier wird fast wie im Triumphzug die ‘Rybebe’ als ein Instrument neben anderen – und vor der ‘geige’ – genannt, offenbar ist ein unterscheidbares Instrument gemeint. Allerdings reichen die bislang bekannten Quellen keinesfalls aus, diesen Instrumenten eine unverwechselbare bzw. eindeutige Gestalt zuzuweisen.