Anhand der neuen Streichinstrumente um 1500, besonders der Viola da gamba, lässt sich der generelle Wandel der Klangvorstellungen in der europäischen Musikkultur von ca. 1470 bis 1550 beobachten und beschreiben.
In einem transdisziplinären Ansatz werden die frühen italienischen Viole da gamba untersucht, in vier aufeinander bezogenen Arbeitsbereichen: musikhistorisch, ikonographisch, instrumentenkundlich sowie in der Musikpraxis.
Zentral hierzu sind Silvestro Ganassis Instrumentalschulen Regula Rubertina und Lettione seconda (Venedig 1542 und 1543), welche erstmals die frühe Viola da gamba hinsichtlich ihrer baulichen Merkmale und Spielweise sowie ihres Repertoires und sozialen Kontextes detailliert beschreiben. Das Projektteam wird Ganassi und seine Schriften musikhistorisch kontextualisieren und eine breite ikonographische Sammlung von Streichinstrumenten-Darstellungen kunsthistorisch und kontextorientiert auswerten.
Ein weiteres Projektziel ist die Rekonstruktion einer Viola da gamba nach Ganassis Vorgaben und unter Berücksichtigung ikonographischer Quellen sowie erhaltener Viole da gamba in europäischen Museen (Wien, Nürnberg, Leipzig, Paris und Lissabon). Eine besondere Bedeutung kommt dabei den asymmetrischen Deckenstärken der historischen Instrumente zu, deren akustische Auswirkung am Institut für Wiener Klangstil anhand eines 3D-Modells simuliert werden. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird der Plan für ein Instrumentenmodell (mit asymmetrischen Deckenstärken sowie ohne Stimmstock und Bassbalken) erstellt. Drei verschiedene Instrumentenbauer werden nach diesem Plan je eine Gambe realisieren, um so auch den individuellen handwerklichen Einfluss auf das Resultat feststellen zu können. Diese Instrumente werden schließlich mit den bei Ganassi und in weiteren Quellen überlieferten Angaben zur Spielweise praktisch erprobt.